Was ist der Progressionsvorbehalt?

In Österreich wird das gesamte Welteinkommen einer Person mit Wohnsitz und dem Mittelpunkt der Lebensinteressen in Österreich nach österreichischem Steuerrecht versteuert. Dabei spielen auch ausländische Einkünfte eine Rolle, insbesondere wenn Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zur Anwendung kommen. Ein spezieller Aspekt dieses Systems ist der Progressionsvorbehalt.

Definition des Progressionsvorbehalts

Der Progressionsvorbehalt bedeutet, dass bestimmte ausländische Einkünfte zwar in Österreich von der Steuer befreit sind, aber dennoch bei der Ermittlung des Steuersatzes für das übrige, in Österreich zu versteuernde Einkommen berücksichtigt werden. Dieser höhere Steuersatz wird dann auf das gesamte steuerpflichtige Einkommen angewendet, was oft zu einer höheren Steuerlast führt.

Anwendung in der Praxis

Ein praktisches Beispiel verdeutlicht den Progressionsvorbehalt: Eine in Österreich ansässige Person bezieht deutsche Rentenbezüge aus der gesetzlichen Sozialversicherung. Aufgrund des DBA zwischen Österreich und Deutschland sind diese Rentenbezüge in Österreich steuerfrei. Allerdings werden sie bei der Berechnung des Steuersatzes für das restliche in Österreich zu versteuernde Einkommen berücksichtigt. Dies führt in der Regel zu einer höheren Steuerklasse und damit zu einer höheren Steuerlast auf das österreichische Einkommen.

Rechtliche Änderungen und aktuelle Entwicklungen

Ein aktuelles Urteil des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH) hat die Anwendung des Progressionsvorbehalts weiter präzisiert. Laut diesem Urteil darf der Progressionsvorbehalt auch vom Quellenstaat (dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen) angewendet werden, selbst wenn dieser Staat nach dem DBA nicht das Besteuerungsrecht hat. Dies bedeutet, dass Österreich auch dann den Progressionsvorbehalt anwenden kann, wenn es nur als Quellenstaat agiert und die Hauptsteuerpflicht im Ansässigkeitsstaat liegt​ (Das Bundesministerium für Finanzen)​​ (BDO)​​ (KPMG)​.

Diese Entwicklung zeigt, dass der Progressionsvorbehalt nicht nur ein Instrument zur Vermeidung der Doppelbesteuerung ist, sondern auch eine Methode, um sicherzustellen, dass das steuerliche Gesamtbild eines Steuerpflichtigen korrekt und umfassend erfasst wird.

Auswirkungen auf Steuerpflichtige

Für Steuerpflichtige bedeutet dies, dass sie sich bei der Steuererklärung genau über die Regelungen informieren müssen. Ausländische Einkünfte sollten immer angegeben werden, auch wenn sie im Ausland bereits besteuert wurden und in Österreich steuerfrei sind. Der Progressionsvorbehalt kann zu unerwarteten Steuernachzahlungen führen, wenn er nicht richtig berücksichtigt wird.

Fazit

Der Progressionsvorbehalt ist ein komplexes, aber wichtiges Instrument im österreichischen Steuerrecht, das sicherstellt, dass alle Einkünfte einer Person, unabhängig von deren Herkunft, angemessen zur Bestimmung des Steuersatzes herangezogen werden. Dies trägt zu einer fairen und ausgewogenen Steuerbelastung bei, indem es die tatsächliche Leistungsfähigkeit eines Steuerpflichtigen widerspiegelt.

Bildnachweis: Shutterstock/Wollertz.

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